Das Foto zeigt die Umweltaktivisten in Brasilien, die Mitglieder von Canal Novo Mundo und One Earth One Ocean sind. Vor den auf einem Strand posierenden Aktivisten sind den vollen Müllsäcken. Das Foto ist aus der Reihe der Umweltaktionen, die von Thaine Maciel in Brasilien organisiert werden.

Stimmen des Klimaaktivismus: Perspektiven aus Brasilien und Bangladesch

Thaiane Maciel aus Brasilien und Syed Muntasir Ridwan aus Bangladesch, beide CCP-Alumni, sind Klimaaktivist:innen, die ihre jeweiligen Organisationen noch während ihres Studiums gründeten. CCP-Alumnus Max Jean-Louis aus Haiti sprach mit ihnen über die Klimabewegungen in ihren Ländern, die Sensibilität des Klimaaktivismus und die Einbeziehung der Sichtweisen indigener Gemeinschaften.

Was macht die Klimabewegung derzeit in eurem jeweiligen Land?

Thaiane: Aufgrund der Maßnahmen der Regierung des ehemaligen Präsidenten Jair Bolsonaro war in den letzten vier Jahren die Abholzung der Wälder das große Problem in Brasilien. Seit Lulas Rückkehr an die Macht im Januar wird dem Thema nun mehr Aufmerksamkeit geschenkt, und wir kommen wieder auf den richtigen Weg. Aber es bleibt noch viel zu tun, und wir Klimaaktivist:innen müssen die Herausforderungen, vor denen wir stehen, noch besser vermitteln.

Syed: Ich will ganz offen sein: Die Klimabewegung in Bangladesch besteht weitgehend nur zum Schein und ist nicht effektiv. Wir sind Opfer eines Etikettenschwindels, das sogenannte „Greenwashing“, und es gelingt uns nicht, politische Grenzen zu verschieben. Der Bau des Rampal-Kraftwerks im Mangrovengebiet der Sundarbans ist ein gutes Beispiel dafür.

Die Sundarbans, die sich über Bangladesch und Indien erstrecken, sind ein wichtiges Ökosystem mit einer großen biologischen Vielfalt. Sie dienen als Schutzwall gegen Stürme und Flutwellen und sichern den Lebensunterhalt der lokalen Gemeinschaften. Der Bau eines Kraftwerks in ihrer Nähe birgt erhebliche Risiken, darunter die Gefahr möglicher Veränderungen im Wasserhaushalt. Bedauerlicherweise hat die Regierung das Projekt vorangetrieben und dabei Umweltbedenken außer Acht gelassen. Der Widerstand von Klimaaktivist:innen konnte die Entscheidung nicht beeinflussen.

Das Foto zeigt eine Frau, die Müll von einem Strand sammelt. Der Strand gibt einen Eindruck von Mülldeponie, da der Boden komplett mit dem Müll gedeckt ist. Im Hintergrund sind blaues Wasser und ein paar Menschen auf dem Kai. Das Foto ist aus der Reihe der Umweltaktionen, die von Thaine Maciel in Brasilien organisiert werden.
Thaiane Maciel bei einer Müllaufräumaktion mit Canal Novo Mundo und One Earth One Ocean © Sarah Maciel

Wir wissen, dass indigene Völker im Kampf gegen den Klimawandel an vorderster Front stehen. Wird den indigenen Bewegungen in euren Ländern eine Plattform geboten, um ihre Ansichten zu vertreten?

Thaiane: Ich persönlich habe festgestellt, dass indigene Gemeinschaften wie die Yanomami, die sehr tief im Amazonas-Regenwald leben, mit Problemen wie Armut und unzureichender Gesundheitsversorgung zu kämpfen haben. Auch die jüngsten Überschwemmungen hatten erhebliche Auswirkungen auf indigene Gemeinschaften und Favelas.

Menschen, die an den Rand der Gesellschaft gedrängt wurden, fehlt es oft an grundlegender Infrastruktur und sie stehen vor dem Problem der Abfallentsorgung, insbesondere nach Überschwemmungen. Es hat jedoch eine positive Veränderung gegeben: Der neue Präsident Lula hat im Januar 2023 einen Minister für die indigene Bevölkerung ernannt.

Jetzt rodet die Regierung Wälder für Kautschukplantagen und den Bau von Ferienanlagen. Sie verdrängen indigene Gemeinschaften und erlauben Bengal:innen, Grundstücke in diesen Gebieten zu kaufen.

Syed Muntasir Ridwan

Syed: In Bangladesch hat die Regierung auf aggressive Weise Land von indigenen Gemeinschaften erworben, und das nicht nur im Zusammenhang mit der Klimakrise. Diese Gemeinschaften haben traditionell eine nachhaltige Landwirtschaft und Waldbewirtschaftung betrieben, die sich von der Mehrheit der bengalischen Bevölkerung unterscheidet.

Jetzt rodet die Regierung Wälder für Kautschukplantagen und den Bau von Ferienanlagen. Sie verdrängen indigene Gemeinschaften und erlauben Bengal:innen, Grundstücke in diesen Gebieten zu kaufen. Diese aggressive Abholzung und Vertreibung beeinträchtigt die Bewirtschaftung dieser Gebiete und trägt zu Problemen wie Erdrutschen bei. Das ist also nicht allein auf den Klimawandel zurückzuführen, sondern vielmehr auf das zerstörerische Entwicklungskonzept.

Infolgedessen erleben indigene Gemeinschaften eine Ernährungskrise und suchen nach einer Beschäftigung außerhalb ihrer traditionellen Berufe, was zu erheblichen Veränderungen in ihrer Lebensweise führt.

Ist es gefährlich, in eurem Land als Klimaaktivist:in tätig zu sein, wenn man bedenkt, wie sensibel das Thema Klimawandel behandelt wird?

Thaiane: Klimaaktivist:in zu sein kann riskant sein, besonders in bestimmten Regionen. Die Zusammenarbeit mit lokalen Gemeinschaften, ob in großen oder kleinen Städten, ist komplex und potenziell gefährlich. Es zieht die Aufmerksamkeit sowohl der Zentralregierung als auch der lokalen Behörden auf sich, und es gibt inoffizielle Machtstrukturen und Einzelpersonen, die die Entscheidungsgewalt über bestimmte Territorien beanspruchen.

Meine Erfahrungen bei der Organisation von Reinigungsaktionen an den Stränden von Rio de Janeiro haben mir das vor Augen geführt. Als wir mit unserer Arbeit vor Ort begannen, wurden die Behörden auf unsere Aktivitäten aufmerksam und überwachten sie genau...

Aktivist:innen, die sich vor Ort gegen Projekte wie das Rampal-Kraftwerk einsetzen, sind jedoch ernsthaften Gefahren und Einschränkungen ihrer Redefreiheit ausgesetzt.

Syed Muntasir Ridwan

Syed: In Bangladesch neigen sowohl die Regierung als auch der private Sektor dazu, die Art von symbolischem Klimaaktivismus, der in den sozialen Medien stattfindet, zu unterstützen, weil er ihren Interessen dient. Aktivist:innen, die sich vor Ort gegen Projekte wie das Rampal-Kraftwerk einsetzen, sind jedoch ernsthaften Gefahren und Einschränkungen ihrer Redefreiheit ausgesetzt. Morde und Drohungen geschehen im Verborgenen und werden der Polizei oft nicht gemeldet. Lokale Politik und Spannungen halten die Menschen zusätzlich davon ab, ihr Leben zu riskieren.

Ihr habt beide in jungen Jahren eure eigenen Organisationen gegründet: Wie habt ihr das geschafft?

Das Foto zeigt die Umweltaktivisten in Brasilien, die Mitglieder von Canal Novo Mundo und One Earth One Ocean sind. Die auf dem sauberen Strand posierenden Aktivisten zeigen die vollen Müllsäcke, die Ergebnis einer Säuberungsaktion darstellen. Das Foto ist aus der Reihe der Umweltaktionen, die von Thaine Maciel in Brasilien organisiert werden.
Die Mitglieder von Canal Novo Mundo und One Earth One Ocean nach Müllaufräumaktion in Brasilien © Sarah Maciel

Thaiane: Ich habe Canal Novo Mundo während meiner Studienzeit als YouTube-Kanal gegründet, um mein Fachwissen als Umweltingenieurin und Schauspielerin zu kombinieren. Trotz der anfänglichen Herausforderungen bei der Bearbeitung von Videos für YouTube hatte ich schließlich Erfolg auf Instagram. Wir nutzen zwar weiterhin beide Plattformen, aber wir haben festgestellt, dass Instagram empfänglicher ist und eine reibungslosere Kommunikation mit unseren Zuschauern ermöglicht.

Während der Pandemie begannen mein Bruder und ich, Reinigungsaktionen in unserer Nachbarschaft in Rio de Janeiro zu organisieren, insbesondere in der verschmutzten Guanabara-Bucht. In den letzten drei Jahren haben wir mehr als 300 solcher Aktionen durchgeführt und tonnenweise Abfall gesammelt, wobei wir mit Organisationen und lokalen Behörden zusammengearbeitet haben.

Unser Schwerpunkt liegt auf Bildungsprogrammen, insbesondere für Frauen, aber die Sicherung der Finanzierung bleibt eine große Herausforderung für die Ausweitung unserer Aktionen und die enge Zusammenarbeit mit den Gemeinden. Meine Verbindungen, auch über CCP, und meine Englischkenntnisse haben wesentlich dazu beigetragen, dass unsere Organisation wahrgenommen und unterstützt wird.

Auf dem Bild sind fünf Menschen sitzend auf einem Podium zu sehen. Einer davon hat Mikrofon in der Hand und scheint eine Rede zu halten. Vor dieser Gruppe befinden sich kleine Tische, die mit dem Logo Local Conference of Youth Bangladesh 2022 gekennzeichnet sind. Dieselbe Logo ist auch im Hintergrund zu sehen. Es handelt sich um ein Konferenzfoto mit den Experten aus Youth for Climate Resilient Food System.
Die Expert:innen von Youth for Climate Resilient Food System auf dem Konferenz in Bangladesch © Global Alliance for Improved Nutrition (GAIN)

Syed: Ich habe Bangladesh Youth Environmental Initiatives vor 13 Jahren mitgegründet, als ich noch Student war. Als Wirtschaftsstudent konzentrierte ich mich mit meinem Mitbegründer zunächst darauf, Geld zu verdienen, aber unsere Neugierde wurde durch Al Gores Dokumentarfilm "Eine unbequeme Wahrheit" geweckt, in dem das Problem des Klimawandels in Bangladesch erwähnt wurde.

Uns wurde schnell klar, dass es Unseresgleichen an Bewusstsein und Verständnis für die Bedrohung durch den Klimawandel mangelt. Mit Unterstützung der US-Botschaft erhielten wir 2011 eine Finanzierung und starteten das Earth-Champions-Programm, bei dem wir begabte Schüler für ein Bootcamp und Gemeinschaftsprojekte auswählten.

Im Laufe der Jahre haben wir unser Programm erweitert, um junge Menschen für Klimathemen zu sensibilisieren. Inzwischen gibt es fünf Jahrgänge des Earth-Champions-Programms mit aktiven Klimaaktivist:innen, die verschiedene Initiativen in ganz Bangladesch durchführen. Das ist nur eines unserer Programme, aber wir haben noch sehr viele mehr.

Ich glaube an die transformative Kraft der Bildung, insbesondere bei der Arbeit mit marginalisierten Gemeinschaften und jungen Menschen.

Thaiane Maciel
Das Bild zeigt einen Mann in einem grünen T-Shirt mit Notizblock in seinen Händen. Er läuft durch ein großes Zimmer, wo mehrere Rundtische aufgestellt sind. Am Tischen sitzen die Menschen in blauen T-Shirts mit der Überschrift "DEVELOPING THE NEXT GENERATION OF PLANETARY STEWARDS". Die Menschen in blauen T-Shirts scheinen beschäftigt zu sein, während der Mann in grünem T-Shirt scheint eine Rolle der Leitung zu haben. Es geht um Green Day Training in Dhaka während der National Earth Olympiad.
Syed Muntasir Ridwan bei Green Day Training in Dhaka © Bangladesh Youth Environmental Initiative (BYEI)

Ihr beide betont die Bedeutung von Bildung und Kommunikation im Umgang mit dem Klimawandel...

Thaiane: Ja, sie werden oft unterschätzt. Ich glaube an die transformative Kraft der Bildung, insbesondere bei der Arbeit mit marginalisierten Gemeinschaften und jungen Menschen. Es mag dauern, bis man Ergebnisse sieht, und es mag Herausforderungen geben, aber ich setze mich weiterhin dafür ein, mit diesen Methoden sinnvolle Veränderungen zu bewirken.

Syed: Bildung und Kommunikation sind entscheidend, aber für uns ist die Sicherung der Finanzierung noch wichtiger. Unser nächstes Ziel ist die Schaffung einer dezentralen Finanzierungsquelle und die Förderung des Unternehmertums an der Basis.

Interview durch
Max Jean-Louis

Max Jean-Louis ist Journalist, Filmemacher und Blogger und verfügt über mehr als ein Jahrzehnt Erfahrung in verschiedenen Ländern, darunter Haiti, Deutschland, Frankreich, Kanada und die Vereinigten Staaten. Seine Expertise liegt in den Bereichen Konstruktiver Journalismus, Engagement-Journalismus, Storytelling und Restorative Narrative. Im Jahr 2017 gründete er mit Unterstützung des Auswärtigen Amtes Radio Guacanagaric im Nordosten von Haiti. Max war ein CrossCulture Programm Fellow im Jahr 2021.

CrossCulture Programm

Das CrossCulture Programm (CCP) ermöglicht Berufstätigen und freiwillig Engagierten einen Blick über den kulturellen Tellerrand! Die Stipendiatinnen und Stipendiaten sammeln in Gastorganisationen in Deutschland oder in einem der über 40 Partnerländer professionelle Erfahrungen. Ziel der berufsbezogenen Aufenthalte ist es, zivilgesellschaftliche Netzwerke zwischen Deutschland und der Welt nachhaltig zu stärken.