Die Geschichte des ifa

Weimarer Republik, Nationalsozialismus, Nachkriegszeit und Mauerfall: Das ifa kann auf eine wechselhafte Geschichte zurückblicken. Von Theodor Wanner 1917 in Stuttgart als Museum und Institut zur Kunde des Auslanddeutschtums und zur Förderung deutscher Interessen im Ausland gegründet und im selben Jahr in Deutsches Ausland-Institut (DAI) umbenannt, erhielt es seinen heutigen Namen Institut für Auslandsbeziehungen (ifa) im Jahr 1949. Heute agiert das ifa als Kompetenzzentrum der Auswärtigen Kultur- und Bildungspolitik und stellt sich mit seinen Tätigkeiten, Fördermaßnahmen und Projekten den gegenwärtigen Herausforderungen einer globalisierten Welt.

Die Gründung

Am 10. Januar 1917 wurde in Stuttgart der Vorläufer des heutigen Instituts für Auslandsbeziehungen gegründet. Das Museum und Institut zur Kunde des Auslanddeutschtums und zur Förderung deutscher Interessen im Ausland, das noch im selben Jahr in Deutsches Ausland-Institut (DAI) umbenannt wurde, ging vor allem auf die Idee und den Einsatz des Stuttgarter Unternehmers Theodor Wanner (1875–1955) zurück. Das Institut wurde gemeinsam vom Deutschen Reich, vom Königreich Württemberg und der Stadt Stuttgart getragen. Bei der feierlichen Eröffnung des Instituts nannte es der württembergische König Wilhelm II. "ein Werk des Friedens inmitten des Kriegs".

Nachkriegszeit und Weimarer Republik: die Aufbauphase

Nach dem Kriegsende 1918 war das DAI bemüht, das ruinierte Ansehen Deutschlands in der Welt und die soziale Stellung der Auslandsdeutschen zu verbessern. So war das Institut in der Folge vor allem für die Beratung von Auswanderungswilligen, für die Betreuung von Auslandsdeutschen, aber auch für die Organisation von Ausstellungen und die Herausgabe einer Zeitschrift verantwortlich. Der wissenschaftliche Charakter des Instituts wurde darüber hinaus durch eine auslandskundliche Fachbibliothek, den Presse-und Nachrichtendienst sowie sein umfangreiches Archiv gestärkt. Geleitet wurde das DAI in dieser Zeit von Theodor Wanner und dem Staatswissenschaftler und Publizisten Fritz Wertheimer (1884–1968). Letzterer wurde am 1. Oktober 1918 als Generalsekretär eingesetzt.

In der Zeit der Weimarer Republik wurde das DAI in mehrere, nach Regionen und Zuständigkeitsbereichen unterteilte, Sachabteilungen gegliedert. 1926 entstand außerdem ein Nordamerika-Referat. In den Jahren 1926/1927 hatte das Institut etwa 50 Angestellte. Untergebracht war das DAI seit dem Frühjahr 1925 in einem ehemaligen, vom Architekten Paul Schmitthenner umgebauten, Waisenhaus am Stuttgarter Charlottenplatz. Das Gebäude wurde 1924 als "Haus des Deutschtums" eingeweiht. Neben den Räumlichkeiten für die verschiedenen Abteilungen umfasste der Komplex ein Rundfunkstudio. Dieses nutzten Wanner und Wertheimer, um eigene DAI-Rundfunkbeiträge zu produzieren, die meist über den Südfunk ausgestrahlt wurden. Darüber hinaus erschienen im DAI neben der von Wertheimer herausgegebenen Halbmonatsschrift Der Auslandsdeutsche einige Buchreihen und wissenschaftliche Handbücher.
Ab 1928 hatte das DAI mit finanziellen Schwierigkeiten zu kämpfen. In der Folge mussten vor allem die Ausstellungsaktivitäten eingeschränkt werden. Doch wurde die Arbeit des Instituts auch von den politischen Unsicherheiten und Unruhen im Land beeinträchtigt. So sah sich die Geschäftsführung des DAI beispielsweise immer wieder Angriffen von Seiten der aufstrebenden rechtsradikalen Kräfte ausgesetzt.

Nationalsozialismus

Die Machtübertragung an die Nationalsozialisten hatte für das DAI tiefgreifende Konsequenzen. Am 7. März 1933 wurde der Sitz des Instituts von der SA besetzt. Das DAI wurde gleichgeschaltet. Fritz Wertheimer, der 1938 nach Brasilien emigrierte, wurde aufgrund seiner jüdischen Abstammung abgesetzt. Und auch der Gründer und Vorstandsvorsitzende Theodor Wanner wurde seines Amtes enthoben. Ihn ersetzte der Stuttgarter NSDAP-Oberbürgermeister Karl Strölin (1890–1963). Zum Institutsleiter wurde Richard Csaki (1886–1943) ernannt, der sein Amt allerdings schon 1941 an den Nationalsozialisten Hermann Rüdiger (1889–1946) abgab.

Unter der neuen Führung wurde das Institut zweckentfremdet. Die Aufgaben und Zuständigkeiten wandelten sich grundlegend. Sie wurden 1934 in der Broschüre Neue Aufgaben des Deutschen Ausland-Instituts beschrieben. Demnach sollte sich das Institut in Zukunft vor allem darum kümmern, die nationalsozialistische Weltanschauung unter den Auslandsdeutschen zu verbreiten und sie gegebenenfalls zu Soldaten des Dritten Reichs auszubilden. Innerhalb kürzester Zeit entwickelte sich das DAI zu einem Planungszentrum der Volkstumspolitik des Hitler-Regimes.

Auf dem Programm standen die Propagierung der deutschen "Rassenpolitik" und die "Eindeutschung" ausländischer Gebiete. So war das DAI unter anderem an der Vorbereitung, Durchführung und Auswertung von Umsiedlungen in den eroberten osteuropäischen Gebieten beteiligt. Es bestanden eine enge Zusammenarbeit und ein reger Informationsaustausch mit der Gestapo, der NSDAP und dem Außenpolitischen Amt der NSDAP. Wie wichtig das DAI für die neuen Machthaber war, zeigt die stetige Vergrößerung, die das Institut unter der Herrschaft der Nationalsozialisten erfuhr. Zählte das DAI 1926/1927 noch etwa 50 Angestellte, so stieg diese Zahl bis zum Kriegsausbruch 1939 auf 157 an. Gleichzeitig wurde auch der Etat kontinuierlich erhöht. Zu den Geldgebern zählte ab 1935 auch das Propagandaministerium.

Nachkriegszeit und Neugründung

Das DAI war im Dritten Reich keineswegs unbelastet geblieben. Dennoch waren die Alliierten gegenteiliger Ansicht und ließen das Institut fortbestehen. Sie waren durch Leumund-Bekundungen und geschönte Darstellungen ehemaliger Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter getäuscht worden. Am 5. Juli 1949 wurde die Neugründung beschlossen. Das Deutsche Auslands-Institut wurde in Institut für Auslandsbeziehungen (ifa) umbenannt. 1951 erfolgte die offizielle Wiederaufnahme der Tätigkeiten des Instituts. Bundespräsident Theodor Heuss bezeichnete das Institut in einer Rede, die er anlässlich der Wiedereröffnung hielt, als "Elementarschule für den Verkehr mit dem Ausland", einem "Umschlagplatz" im kulturellen Geben und Nehmen.

Franz Thierfelder (1896–1963) sollte den Neuanfang als Generalsekretär des ifa in die Wege leiten. Doch war der Kulturpolitiker aufgrund seiner ideologischen Schriften zur Zeit des Dritten Reiches umstritten. Tatsächlich aber legte Thierfelder, der die Entnazifizierung unbeschadet überstanden hatte, seine alten Vorstellungen ab. Nach seiner Vorstellung sollte sich das Institut von nun an vor allem dafür einsetzen, "Fremdes" verständlich zu machen und dem Ausland die eigene Kultur näher zu bringen. Die vom Institut propagierte Abkehr von der Vergangenheit wurde im Auswärtigen Amt positiv aufgenommen und mit finanzieller Unterstützung honoriert. Dies sicherte das langfristige Fortbestehen des ifa.

Der Neuanfang

Der Neuanfang des ifa gestaltete sich schwierig. Der Ruf des Instituts war nach der NS-Zeit lädiert; viele Kontakte, zum Beispiel nach Osteuropa, waren weggebrochen; es begann die Zeit des Kalten Krieges. Hinzu kamen die Konkurrenz zu anderen Mittlerorganisationen wie dem Goethe-Institut, ein geringerer finanzieller Spielraum als zuvor und die eingeschränkte Sichtbarkeit im Ausland, die auch auf die damalige Außenpolitik zurückzuführen war, die der Kultur kaum Bedeutung zumaß. Der Wirkungsgrad des ifa blieb in dieser Zeit entsprechend begrenzt.

Die Tätigkeiten des Instituts bestanden in der Auswandererberatung, der Herausgabe einer eigenen Zeitschrift (1951–1962 Mitteilungen, ab 1962 Zeitschrift für Kulturaustausch und seit 2022 KULTURAUSTAUSCH – Magazin für internationale Perspektiven), dem Ausbau der hauseigenen Bibliothek, dem Auslandsversand von Büchergaben und der Organisation von Ausstellungen. Erst nach und nach wurden die Beziehungen zu anderen Ländern wieder enger, der gesellschaftliche Einfluss des ifa steigerte sich. Mit der eigenen Position während des Nationalsozialismus begann sich das Institut allerdings erst ab den 1960er-Jahren auseinanderzusetzen. Im Mai 1971 wurde die spätere ifa-Galerie in Stuttgart, 1980 die ifa-Galerie in Bonn eröffnet. Anfang der siebziger Jahre ging außerdem die Vermittlung von Ausstellungen deutscher Kunst ins Ausland in die alleinige Verantwortung des ifa über.

Das ifa und der Mauerfall

Der Mauerfall und die deutsch-deutsche Einigung zogen auch für das ifa bedeutende Veränderungen nach sich. Aufmerksamkeit erregte dabei vor allem die Übernahme der DDR-Kunstsammlung des ehemaligen ZfK (Zentrum für Kunstausstellungen) durch das ifa. In der Zeit der innerdeutschen Teilung stellte das ZfK das ostdeutsche Pendant zum ifa dar. Es war unter anderem für die Organisation von Ausstellungen im In-und Ausland und den Kulturaustausch der DDR verantwortlich. Die Kunstsammlung des ZfK umfasste Druckgrafiken, Papierarbeiten, Fotografien und Malereien zahlreicher ostdeutscher Künstlerinnen und Künstler.

Als das Zentrum Ende 1990 aufgelöst wurde, besaß es etwa 10.500 Werke. Diese sollten nun, gemäß den Vereinbarungen der Einheitsverträge, in den Bestand des ifa übergehen. Doch stieß der Plan in den Gebieten der ehemaligen DDR auf großen Widerstand. Empört äußerten sich ostdeutsche Medien über die "feindliche Übernahme" durch das Stuttgarter Institut. In der Folge forderte ein Zusammenschluss mehrerer ostdeutscher Museen die Übergabe diverser Kunstwerke in die eigenen Sammlungen. Unter dem Druck der Museen und der Medien wurden einen Monat vor der Übernahme des ehemaligen ZfK-Bestandes 219 museumswürdige Kunstwerke an mehrere ostdeutsche Museen übergeben.

Wiedervereinigung

Nach dem Fall der Mauer und der Wiedervereinigung wurde dem ifa der Kunstbestand des Zentrums für Kunst der DDR übertragen, wodurch sich seine Aktivitäten auch auf die neuen Bundesländer erweiterten. So wurde 1991 eine ifa-Galerie in Berlin eröffnet, die ifa-Galerie Bonn 1995 geschlossen. Auf die Transformationsprozesse innerhalb Europas nach dem Fall des "Eisernen Vorhangs" reagierte das ifa mit verstärktem Einsatz für den Schutz von Minderheiten und für die Stärkung des europäischen Einigungsprozesses. Dazu gehörte auch der Aufbau von Infrastrukturen zur Unterstützung der deutschsprachigen Gemeinschaften als 'Brückenbauer:innen' in Mittel- und Osteuropa bzw. Südosteuropa.

Jahrtausendwende

Im neuen Jahrtausend rückten die Intensivierung des europäisch-islamischen Dialogs und die Förderung internationaler Friedensprojekte sowie der Menschenrechte in den Fokus. Beispiele hierfür sind das Förderprogramm zivik und das CrossCulture-Programm, die 2001 bzw. 2005 eingerichtet wurden.  Das Förderprogramm zivik unterstützt Nichtregierungsorganisation bei der Planung und Durchführung von Projekten in Krisen- und Konfliktregionen weltweit. Das CrossCulture Programm ermöglicht jungen Berufstätigen und freiwillig Engagierten aus 46 Ländern, für zwei bis drei Monate in einem interkulturellen Umfeld zu arbeiten und neue Kompetenzen zu erlangen.

Außerdem arbeitete das ifa intensiv daran, seine Sichtbarkeit zu stärken und sich als Experte in der Auswärtigen Kultur- und Bildungspolitik positionieren. Dies konnte auch mittels Einrichtung des Forschungsprogramms "Kultur und Außenpolitik" erreicht werden, wo Studien zu aktuellen Fragestellungen der Auswärtigen Kultur- und Bildungspolitik beauftragt und Empfehlungen für die Stärkung und Weiterentwicklung der internationalen Kulturbeziehungen erarbeitet werden. Mit dem Jahr 2009 vom ifa ins Leben gerufenen Theodor-Wanner-Preis werden Persönlichkeiten und Organisationen gewürdigt, die sich in herausragender Weise für den Dialog der Kulturen, für Frieden und Völkerverständigung engagieren. Ursprünglich nach einem der Gründer des ifa benannt, wird die Auszeichnung seit 2021 als ifa-Preis für den Dialog der Kulturen verliehen.

Die Gegenwart

Die Arbeit im Bereich der Menschenrechte wurde in jüngster Vergangenheit durch zwei Schutzprogramme intensiviert: Die gemeinsam mit dem Goethe-Institut 2018 aufgebaute Martin Roth-Initiative für den Schutz gefährdeter Kunstschaffender und die 2020 gegründete Elisabeth-Selbert-Initiative. Zudem weitete das ifa mit Formaten wie der Online-Plattform "Mind_Netz" für die Vernetzung der deutschsprachigen Minderheiten und dem Podcast "Die Kulturmittler:innen" zu aktuellen Themen der internationalen Kulturbeziehungen seine Aktivitäten im digitalen Raum aus. Dies wird aktuell durch die umfassende Digitalisierung der Kunst- und Bibliotheksbestände des ifa fortgeführt, die in den Portalen Agora und Forum Kultur und Außenpolitik sichtbar werden.

Heute sieht sich das ifa als international agierender Mittler und Akteur für ein friedliches Miteinander der Kulturen und als Kompetenzzentrum für internationale Zusammenarbeit und Kunstaustausch. Mit seinen Netzwerken, Fördermaßnahmen und Projekten setzt sich das Institut für die Freiheit in Kunst, Forschung und Zivilgesellschaft ein und schafft analoge und digitale Räume für Begegnung, Austausch, Aushandlung und Ko-Kreation. Damit gibt es Aktivist:innen, Künstler:innen und Wissenschaftler:innen eine Stimme und stellt sich den Herausforderungen der heutigen, globalisierten, sich stetig verändernden Welt.