ifa-Preis für den Dialog der Kulturen

Über den ifa-Preis

Mit dem ifa-Preis für den Dialog der Kulturen zeichnet das ifa – Institut für Auslandsbeziehungen Personen oder Organisationen aus, die durch ihr soziales, gesellschaftspolitisches oder künstlerisches Engagement in herausragender Weise für die Stärkung transkultureller Beziehungen eintreten.

Die Freiheit von Kunst, Zivilgesellschaft und Wissenschaft sowie deren Förderung gehören zu den zentralen Aufgaben und Zielen des ifa. Sie sind heute zunehmenden Bedrohungen ausgesetzt: Nationalismus, Populismus und autoritäre Tendenzen sind nur einige der Herausforderungen, denen diese Freiheiten auch in Demokratien begegnen. Mit der Verleihung des ifa-Preises setzt das ifa deshalb seit 2009 ein sichtbares Zeichen für Menschenrechte, Demokratie, Frieden sowie die Freiheit von Kunstschaffenden, Forscher:innen und zivilgesellschaftlichen Akteur:innen. Diese Werte sind auch integraler Bestandteil der Satzung des ifa.

Das Preisgeld in Höhe von 10.000 Euro spenden die Preisträger:innen an ein kulturelles, gemeinnütziges und friedenstiftendes Projekt oder eine Organisation ihrer Wahl. Der ifa-Preis geht auf die Initiative des Fördervereins des ifa zurück.

Bis 2019 war die Auszeichnung nach Theodor Wanner benannt (1875–1955), auf dessen Initiative 1917 das Deutsche Ausland-Institut (DAI), das heutige ifa, gegründet wurde (Geschichte des ifa).

 

ifa-Preis 2022: Osman Kavala

Ich bin davon überzeugt, dass die Kunst mehr als alles andere helfen kann, den Traum von einer Weltgemeinschaft, geprägt von einem wirklich universalen Humanismus wahr werden zu lassen.

Osman Kavala

Der in der Türkei zu lebenslanger Haft verurteilte Menschenrechtsaktivist, Kulturmäzen und Unternehmer Osman Kavala wird mit dem diesjährigen ifa-Preis für den Dialog der Kulturen geehrt.

Die Preisverleihung fand am 10. November im Rahmen einer feierlichen Preisverleihung im Allianz Forum in Berlin statt. Dr. Wolfgang Schäuble, MdB und ehemaliger Bundestagspräsident, hielt die Laudatio.

Laudator und ehemaliger Bundestagspräsident Dr. Wolfang Schäuble über den diesjährigen Preisträger: 

Wo doch schon in freien Ordnungen der Gleichklang aus staatlicher und privater Kulturförderung so unerlässlich ist für den demokratischen Diskurs, da ist der Beitrag von Mäzenen wie Kavala nicht hoch genug zu schätzen, in einem System, das Kunst und Kultur denn oft für sich und seine propagandistischen Zwecke zu vereinnahmen sucht.

Osman Kavala wurde während der 1990er Jahre zu einem der wichtigsten Akteure der türkischen Zivilgesellschaft. Seine 2002 in Ko-Kreation gegründete Stiftung Anadolu Kültür vereint Kunst, Wirtschaft und Zivilgesellschaft, um lokale Initiativen zu unterstützen, die kulturelle Vielfalt hervorzuheben sowie die internationale Zusammenarbeit zu stärken.

Aus der Begründung der Preisjury:

Mit großer Überzeugung hat sich die Jury des ifa-Preises für Osman Kavala als Preisträger 2022 ausgesprochen. Weltweit sind Menschen- und Bürgerrechte bedroht, ihre Verteidiger werden verfolgt. In dieser Lage sind der Mut und die Resistenz Osman Kavalas absolut vorbildlich.

Seit Oktober 2017 sitzt Kavala in türkischer Haft. Die Behörden bezichtigen ihn der Spionage sowie der Mitverantwortlichkeit des gescheiterten Militärputsches gegen die Regierung im Juli 2016. Zudem wird ihm eine Beteiligung an den Ausschreitungen während der Demonstrationen im Jahr 2013 im Rahmen des geplanten Abrisses des Gezi-Parks vorgeworfen. Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte forderte im Dezember 2019 seine Freilassung, jedoch wurde Kavala im April dieses Jahres in Istanbul zu lebenslanger Haft unter erschwerten Bedingungen sowie ohne Aussicht auf vorzeitige Freilassung verurteilt. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.

Ein Mann mit schwarzen Locken und graumeliertem Bart schaut direkt in die Kamera. Es handelt sich um den türkischen Kulturmäzen und Menschenrechtsaktivisten Osman Kavala, der in der Türkei zu lebenslanger Haft verurteilt wurde. 2022 erhielt er vom ifa den ifa Preis für den Dialog der Kulturen. © public domain
Der ifa-Preisträger 2022: Osman Kavala © public domain

Organisationen wie Amnesty International Deutschland, Reporter ohne Grenzen, das PEN-Zentrum Deutschland, die Akademie der Künste oder das KulturForum TürkeiDeutschland setzen sich seit Jahren für seine Entlassung ein. Auch in der Türkei selbst verlangten zehn Botschafter aus Deutschland, den USA, Kanada, Neuseeland sowie Dänemark, Frankreich, den Niederlanden und den drei skandinavischen Staaten Schweden, Finnland und Norwegen im Herbst vergangenen Jahres die Entlassung Kavalas.

Als Empfänger des Preisgeldes wählte Kavala die Organisation Rengarenk Umutlar Derneği (Verein der farbenfrohen Hoffnung) aus, die eine Förderung von 10.000 Euro erhielt. Der Verein setzt sich seit vielen Jahren für die Rechte und Freiheiten von Kindern im Südosten der Türkei ein. Der Verein hat sich als Ziel gesetzt, Kindern, die von den jüngsten Konflikten in der Stadt Sur in der Provinz Diyarbakır betroffen sind, darin zu helfen, ihre Traumata zu bearbeiten.

Bildergalerie zur Preisverleihung 2022

Bisherige Preisträger:innen

2021: Igor Levit

  • Preisträger: Pianist und Hochschulprofessor Igor Levit
  • Laudatio: Claudia Roth, Staatsministerin für Kultur und Medien und ehemalige Vizepräsidentin des Deutschen Bundestags
  • Preisgeldempfänger: HateAid, Beratungsstelle für Opfer von digitaler Gewalt

Der international gefeierte Pianist und Hochschulprofessor Igor Levit erhielt in Anerkennung eines über Grenzen wirkenden künstlerischen und gesellschaftspolitischen Engagements den ifa-Preis für den Dialog der Kulturen 2021. Igot Levit hat als Preigeldempfänger die Organisation HateAid ausgewählt, die sich für Opfer von digitaler Gewalt einsetzt – d.h. Menschen, die online beleidigt, verleumdet oder bedroht werden – unter anderem durch kostenlose Beratungsangebote und Prozesskostenfinanzierung.

Highlights der Preisverleihung 2021 sowie das Kolloquium 2021: "Kultur + Freiheit" sind weiterhin auf YouTube einsehbar.

2019: Federica Mogherini

  • Preisträgerin: Federica Mogherini, ehemalige Hohe Vertreterin der Europäischen Union für Außen- und Sicherheitspolitik
  • Laudatio: Heiko Maas, Bundesminister des Auswärtigen
  • Preisgeldempfänger: Rondine Cittadella della Pace

Federica Mogherini, ehemalige Hohe Vertreterin der Europäischen Union für Außen- und Sicherheitspolitik und Vizepräsidentin der Europäischen Kommission, erhielt den Theodor-Wanner-Preis 2019 aufgrund ihres Engagements für Frieden und Verständigung sowie insbesondere für ihre Strategie zur Stärkung der Kultur in den Außenbeziehungen der Europäischen Union.

Federica Mogherini hat für das Preisgeld 2019 die Organisation "Rondine Cittadella della Pace" ausgewählt, die sich auf der ganzen Welt für die Vermeidung bewaffneter Konflikte einsetzt und eine eigene Methode zur kreativen Transformation von Konflikten entwickelt hat.

2017: Silvia von Schweden

  • Preisträgerin: Silvia Königin von Schweden
  • Laudatio: Sigmar Gabriel, Bundesminister des Auswärtigen
  • Preisgeldempfänger: Sociedade Beneficente Alemã

Silvia Königin von Schweden engagiert sich nachhaltig für benachteiligte und missbrauchte Kinder. Sie gründete die World Childhood Foundation und ist Schirmherrin von mehr als 60 Vereinigungen, Projekten und Veranstaltungen. Nicht zuletzt ihr Engagement für Demenzkranke und der von ihr eingerichtete Fonds zugunsten der Forschung auf dem Gebiet des Behindertensports sind inspirierende Beispiele dafür, wie eine Persönlichkeit des Zeitgeschehens ihre besondere gesellschaftliche Position auch auf internationaler Ebene umsichtig und überzeugend nutzt, um vielen Menschen zu helfen. Ihr umfangreiches soziales Engagement und ihr unermüdlicher Einsatz für die Menschenrechte wurde mit dem Theodor-Wanner-Preis 2017 gewürdigt.

Das Preisgeld in Höhe von 10.000 Euro spendete Königin Silvia der Sociedade Beneficente Alemã (Deutscher Hilfsverein) in São Paulo. Der Verein bietet eine qualifizierte ganzheitliche Betreuung von älteren Menschen mit kognitiver Abhängigkeit an. Außerdem werden pädagogische und kulturelle Programme in einem Elendsviertel von São Paulo für 320 Kinder und Jugendliche angeboten.

2016: Human Rights Watch

  • Preisträger: Human Rights Watch, unabhängige Nichtregierungsorganisation
  • Laudatio: Dr. Bärbel Kofler, Beauftragte der Bundesregierung für Menschenrechtspolitik und Humanitäre Hilfe
  • Preisgeldempfänger: Global Coalition to Protect Education from Attack

Im Jahr 2016 verlieh das ifa den Theodor-Wanner-Preis für Frieden, Freiheit und Menschenrechte erstmalig an eine Organisation, und zwar an Human Rights Watch. Im Zentrum der Arbeit dieser global aktiven Nichtregierungsorganisation steht die Wahrung der Menschenrechte als Voraussetzung für eine weltweit gerechte und freie Gesellschaft. Human Rights Watch hat sich mit unermüdlichem  Einsatz zu einer unüberhörbaren Stimme für Gerechtigkeit in den Gesellschaften dieser Welt entwickelt.

Als Preisgeldempfänger hat Human Rights Watch die Global Coalition to Protect Education from Attack bestimmt. Das Preisgeld kommt dabei deren Attack on Schools Program zugute. Entgegengenommen wurde es von Zama Coursen-Neff, Geschäftsführerin der Children's Rights Division von Human Rights Watch.

2014: Ernesto Cardenal

  • Preisträger: Ernesto Cardenal, Politiker und Theologe
  • Laudatio: Prof. Dr. Norbert Lammert, Präsident des Deutschen Bundestags
  • Preisgeldempfänger: Pan y Arte / Solentiname

Den Theodor-Wanner-Preis 2014 verlieh das ifa an Ernesto Cardenal. Im Zentrum seines Lebenswerks stehen immer wieder die Kultur und das Kulturschaffen als Grundlage und Nährboden für Gerechtigkeit und Freiheit in jeder Gemeinschaft. Mit seinem Engagement hat er das Bewusstsein der Welt für die Rolle der Kultur in der Gesellschaft nachhaltig beeinflusst.

Ernesto Cardenal hat das Preisgeld zwei Organisationen zugedacht: Pan y Arte und Solentiname. Pan y Arte (Brot und Kunst) ist eine international tätige Hilfsorganisation, die derzeit vier Projekte in Nicaragua unterstützt. Im Mittelpunkt der Arbeit stehen Kinder und Jugendliche, die durch Musizieren und Malen, Schreiben und Lesen, Tanzen und Theaterspielen gefördert und gestärkt werden. Die Stiftung Solentiname, in der sich Ernesto Cardenal auch selbst engagiert, konnte Bewohnern des nicaraguanischen Inselarchipels Solentiname Land und Wohnraum geben und die Infrastruktur verbessern. Sie fördert auch das traditionelle Kunsthandwerk, das für die Bewohner eine wichtige Einkommensquelle ist.

2013: Yoko Ono

  • Preisträgerin: Yoko Ono, Künstlerin
  • Laudatio: Dr. Guido Westerwelle, Bundesminister des Auswärtigen
  • Preisgeldempfänger: PAWA254

Nicht nur durch ihre Kunst, sondern vor allem durch ihre unermüdlichen Unterstützung verschiedenster Projekte und Wohltätigkeitsinitiativen setzt sich Yoko Ono seit Jahrzehnten für eine gerechtere Welt ein. Neben der Stiftung eines eigenen Friedenspreises "LennonOno Grant for Peace" engagiert sie sich fortwährend für Frieden, Menschenrechte und Gleichberechtigung und unterstützt Kampagnen wie "Imagine There's No Hunger" oder "Make Some Noise", gemeinsam mit Organisationen wie Amnesty International oder Hard Rock International.

Yoko Ono gab das Preisgeld in Höhe von 10.000€ an die kenianische Organisation PAWA254.  Die soziale Plattform für junge kenianische Künstler, Journalisten, Artisten, Musiker und Schreiber, die unter der Leitung des bekannten Fotoaktivisten Boniface Mwangi steht , konnte bis heute über 10.000 junge Menschen erreichen, die ihren Beitrag zum Austausch und zur Versöhnung  leisten.  Boniface Mwangi wurde weltbekannt, nachdem er während der Unruhen in seinem Land zwischen 2007 und 2008 Tausende von Fotos schoss, die die Gräueltaten dokumentierten.  Als Weg zur Aussöhnung gründete er die Stiftung Picha Mtaani, die mit seinen Bildern durch Kenia tournierte und die Aussöhnung zwischen den Ethnien anstieß.

2011: Jacques Delors

  • Preisträger: Dr. h.c. Jacques Delors, ehem. Präsident der Europäischen Kommission
  • Laudatio: Dr. h. c. Hans-Dietrich Genscher, Bundesminister des Auswärtigen a. D.
  • Preisgeldempfänger: Notre Europe

"Es geht nicht nur darum, Nationen zu verbinden, es geht auch darum, eine lebendige Gemeinschaft mit lebendigem Profil zu schaffen."

Als Präsident der Europäischen Kommission schuf Jacques Delors die Grundlagen für die Europäische Wirtschafts- und Währungsunion und gilt daher als einer der maßgeblichen Architekten des "Europäischen Hauses". Neben der wirtschaftlichen Integration setzte er jedoch in gleichem Maße auf die soziale Dimension Europas im Sinne eines interkulturellen und völkerverbindenden Friedensprojekts. Für sein herausragendes Engagement ehrte ihn das Institut für Auslandsbeziehungen (ifa) mit dem Theodor-Wanner-Preis 2011.

Dem Gedanken der europäischen Einheit folgend, gründete Jacques Delors 1996 die unabhängige Studien- und Forschungseinrichtung "Notre Europe", die er auch als Empfänger des Preisgeldes auswählte. Ziel der mittlerweile zu Institut Jacques Delors umbenannten Stiftung ist es, aktuelle Debatten innerhalb Europas durch Analysen und Empfehlungen zu unterstützen und die aktive Partizipation der Zivilgesellschaft am europäischen Aufbauprozess sowie das Entstehen eines europäischen öffentlichen Raumes zu fördern.

2010: Carla del Ponte

  • Preisträgerin: Carla del Ponte, Juristin
  • Laudatio: Prof. Dr. Dr. h. c. mult. Jutta Limbach, Präsidentin des Bundesverfassungsgerichts a. D.
  • Preisgeldempfänger: Fondazione Falcone

Es existiert kaum ein internationaler Straftatbestand, für dessen Aufklärung sich Carla Del Ponte nicht engagierte. Wegen Völkermords, Kriegsverbrechen, Waffenschmuggel und Korruption ermittelte die Schweizer Bundesanwältin und langjährige Chefanklägerin der Internationalen Strafgerichtshöfe für das ehemalige Jugoslawien und Ruanda mit großem persönlichem Einsatz. So ermöglichte sie nicht nur die Durchsetzung des Völkerrechts, sondern schuf auch die Grundlage für eine künftige Verständigung verfeindeter Bevölkerungsgruppen. Für dieses außergewöhnliche Engagement im Sinne des Dialogs der Kulturen wurde Carla Del Ponte mit dem Theodor-Wanner-Preis 2010 ausgezeichnet.

Das Preisgeld in Höhe von € 5000 kommt der Fondazione Falcone zugute. Die Stiftung führt den Einsatz Giovanni Falcones gegen organisierte Kriminalität und mafiöse Strukturen fort. Der italienische Ermittlungsrichter, der 1992 bei einem Bombenanschlag ums Leben kam, hatte in den 1980er Jahren bei der Verfolgung grenzübergreifender Verbrechen eng mit Carla Del Ponte zusammengearbeitet.

2009: Daniel Barenboim

  • Preisträger: Dr. h. c. Daniel Barenboim, Dirigent
  • Laudatio: Dr. h.c. Joschka Fischer, Bundesminister des Auswärtigen a. D.
  • Preisgeldempfänger: West-Eastern-Divan Orchestra

Mit der Entscheidung der Jury würdigte der Förderverein für das Institut für Auslandsbeziehungen das jahrelange und intensive Engagement Daniel Barenboims für den Dialog der Kulturen. Das von Barenboim mitbegründete und geleitete West-Eastern Divan Orchestra trägt entscheidend zur Völkerverständigung bei und macht immer wieder deutlich, dass mithilfe von Kunst und Kultur ein gemeinsames Miteinander über Nationengrenzen hinaus möglich ist. Folgerichtig wurde es vom Preisträger auch zum Empfänger des Preisgeldes bestimmt.