Verbundenheit und Kooperation als Antwort auf globale Herausforderungen: Beim Regionaltreffen des ifa-Entsendeprogramms in Bratislava stand die länderübergreifende Vernetzung deutscher Minderheiten im östlichen Europa mit ifa-Kulturmanager:innen und Redakteur:innen auf dem Programm.
Kulturaustausch vor Ort: Wie wertvoll direkte Gespräche und gelebte Gemeinschaft für die Arbeit von und mit Minderheiten sind, zeigen nicht nur die aktuellen globalen Konflikte. Die letzten Jahre haben die Arbeit von Kulturmittler:innen, die im östlichen Europa tätig sind, verändert. Der bewaffnete Angriffskrieg in der Ukraine dauert inzwischen über ein Jahr an – ein Konflikt, dessen Auswirkungen auf vielen Ebenen spürbar werden. Nicht zuletzt, weil sie auf brutale Art und Weise den Wert von Verbundenheit und Zusammenhalt sowie das Einstehen für gemeinsame Werte deutlich machen.
Einstehen für gemeinsame Werte
Genau hier setzt das Regionaltreffen des ifa-Bereichs "Integration & Medien" an: Jedes Jahr bringt es Kulturmanager:innen und Redakteur:innen, die vom ifa ins östliche Europa entsandt wurden, mit Vertreter:innen der Institutionen der deutschen Minderheit in einer osteuropäischen Stadt zusammen.
Vernetzungsarbeit ist eine Stärke der deutschen Minderheiten
Gitte Zschoch
Das Ziel dieser Treffen: Netzwerke stärken, die Menschen international miteinander in Verbindung bringen. Denn durch diesen direkten Austausch entstehen neue Ideen, Kooperationen und Zukunftsvisionen, die die Zusammenarbeit länderübergreifend vertiefen und Gemeinsamkeiten deutlich machen. Ein Ansatz, der für die Arbeit der Minderheiten besonders wichtig ist – das findet auch ifa-Generalsekretärin Gitte Zschoch: "Eine wirkliche Stärke der deutschen Minderheiten ist, dass sie Vernetzungsarbeit betreiben – und zwar über Ländergrenzen hinweg", sagt sie in Bratislava, wo das Regionaltreffen in diesem Jahr stattfand. "In unserer heutigen Welt, die von stärker werdenden kriegerischen Konflikten geprägt ist, ist dies zukunftsweisend und etwas, das wir noch verstärken müssen."
Den passenden Rahmen dafür gab das diesjährige Regionaltreffen: In der slowakischen Hauptstadt kamen Vertreter:innen von Organisationen der deutschen Minderheiten aus Polen, Tschechien und der Slowakei, Teilnehmer:innen des ifa-Entsendeprogramms und das Team von Integration & Medien aus Stuttgart zusammen. Auf dem Programm standen während der gemeinsamen Woche unter anderem Treffen mit befreundeten Organisationen und der Botschaft der Bundesrepublik Deutschland – von Gesprächen mit verschiedenen Stiftungen bis zu einem Empfang in der Residenz der Botschaft. Außerdem konnten die Teilnehmenden Fortbildungen besuchen, bei Stadtrundgängen die deutschen Spuren in Bratislava entdecken und ihre Arbeit bei intensiven Gesprächen reflektieren.
Wechselseitiger Austausch im Kunst- und Kulturzentrum
Treffen im Schlaglicht der feministischen Außenpolitik
Ein besonderes Highlight für alle Beteiligten: Die Netzwerkveranstaltung im Beisein von ifa-Generalsekretärin Gitte Zschoch. In der Bibliothek des Kunst- und Kulturzentrums "Nová Cvernovka", das im Norden Bratislavas liegt, wurde sie unter anderem von Rudolf Urban, Chefredakteur des "Wochenblatt.pl", interviewt – zu ihrer Einschätzung der deutschen Minderheiten, zu Fragen der internationalen Zusammenarbeit und den Herausforderungen der Kulturvermittlung in den kommenden Jahren. Im Publikum: Mitarbeitende des Entsendeprogramms und Mitglieder der deutschen Minderheiten, die zuvor ihre eigene Arbeit vorgestellt hatten – ein Austausch, der wechselseitig wirkt. "Die Teilnehmenden haben den Besuch von Gitte Zschoch als große Wertschätzung empfunden", sagt Barbara Stoklossa-Braems, ifa-Regionalkoordinatorin für Polen, Tschechien und die Slowakei.
Thematisch stand das Treffen in diesem Jahr zudem im Schlaglicht der feministischen Außenpolitik: "Gesellschaften, in denen Gleichstellung verwirklicht oder zumindest angestrebt ist, sind friedlicher, gerechter, nachhaltig und wirtschaftlich erfolgreicher", heißt es im Konzeptpapier von Bundesaußenministerin Annalena Baerbock. Genau hier setzt auch die Arbeit des ifa-Entsendeprogramms an: Mit aktuell 17 Personen, die als Kulturmanager:innen oder Redakteur:innen Organisationen der deutschen Minderheiten im östlichen Europa und Zentralasien unterstützen, stärkt das Programm die Minderheiten in ihrer Funktion als Brückenbauer:innen zwischen Mehrheits- und Minderheitsgesellschaft und sorgt für einen aktiven Austausch.
Deutsche Minderheiten stehen in unterschiedlichen Ländern vor ähnlichen Herausforderungen
Brückenbauer:innen zwischen Mehrheits- und Minderheitskultur
Ein weiterer Fokus liegt auf grenzüberschreitendem Austausch und Weiterbildung: So unterstützen die Programme des Bereichs "Integration & Medien" die Mitglieder der deutschen Minderheit zum Beispiel dabei, bei anderen Organisationen zu hospitieren und ihre Best-Practice-Ergebnisse zurück ins eigene Haus zu tragen.
In Bratislava wurde deutlich, wie wichtig dieser professionelle Austausch ist – auch, weil viele Organisationen länderübergreifend vor ähnlichen Herausforderungen stehen: In kurzen Statements am Rande der Netzwerkveranstaltung betonten Vertreter:innen verschiedener Organisationen, dass Themen wie die Jugendarbeit, der digitale Wandel und die Förderung der deutschen Sprache sie in den kommenden Jahren begleiten werden. Diese Herausforderungen sollen gemeinsam angegangen werden, findet Karoline Gil, Leiterin des Bereichs "Integration & Medien": "Uns ist es mit dem Regionaltreffen wichtig, den länderübergreifenden Austausch und die Vernetzung zu fördern – und zwar sowohl zwischen den Entsandten und den jeweiligen deutschen Minderheiten als auch zwischen den verschiedenen Institutionen."
Das ifa und die Förderung deutscher Minderheiten
Minderheiten können zwischen den Kulturen vermitteln und Impulse für das Zusammenleben verschiedener Bevölkerungsgruppen setzen. Die Programme aus dem Bereich "Deutsche Minderheiten" des ifa unterstützen deutsche Minderheiten im östlichen Europa und in den Staaten der Gemeinschaft Unabhängiger Staaten als zivilgesellschaftliche Akteure und Brückenbauer. Sie fördern so ein facettenreiches, aktuelles und realistisches Deutschlandbild und leisten einen Beitrag zum europäischen Einigungsprozess und zu den kulturellen Beziehungen innerhalb und außerhalb Europas.