"Das war für uns sehr wichtig", sagt Sylvia Winkler über die Ausstellungsförderung, die sie und Stephan Köperl 2007 für das Lijiang Studio in den Bergen der Provinz Yunnan, in der Volksrepublik China, vom ifa - Institut für Auslandsbeziehungen erhielten. Zwei Jahre zuvor hatten sie Jay Brown, den Gründer des Lijian Studios, auf dem Media Art Festival in Bangkok kennengelernt. Brown lud die beiden Künstler:innen in sein Studio ein. In Lijiang war Gegenwartskunst aus Europa damals noch ganz neu. In China beschränkte sie sich fast ausschließlich auf einige wenige Galerien in Beijing und Shanghai. Mit ihrem Video und Performances vor Ort konfrontierten Winkler und Köperl die Ausstellungsbesucher:innen mit einem Blick von außen auf aktuelle Begebenheiten in der Provinz. Die ifa-Förderung eröffne ein Fenster zur Welt, meint Sylvia Winkler. Das Programm halte sie für besonders wichtig, weil Mittel nicht nur Institutionen für große Vorhaben, sondern niederschwellig auch Künstler:innen für "Projekte, die man selber organisiert, wo kein Geld da ist" zur Verfügung stehen.
An die 2.000 geförderte Projekte
Seit 40 Jahren gibt es das Programm, das bereits mehr als 2.000 künstlerische Positionen im Ausland unterstützt hat. In dieser Zeit hat sich auf dem Gebiet der Kunst eine Menge getan. 1982: das war das Jahr der Documenta 7, die sich, nach vorangegangenen Diskussionen über Neue Medien wie Video und Fotografie, wieder stark auf die Malerei konzentrierte. Es war die Zeit der "Neuen Wilden" und der Transavantgarde: von Männern dominierte Künstlervereinigungen. Die vom ifa unterstützten Projekte machten keine Ausnahme: Zu den sechs geförderten Projekten des ersten Jahres gehörte eine große Einzelausstellung von Anselm Kiefer in der Whitechapel Gallery in London.
Zeit der "Biennalisierung"
Das ändert sich mit dem Fall der Berliner Mauer im Wendejahr 1989, als die Ausstellung "Magiciens de la terre" in Paris erstmals den Blick auf die aktuelle Kunst der Südhemisphäre lenkt und sich wegweisende Institutionen wie das ZKM oder das Haus der Kulturen der Welt gründen. Nachdem in São Paulo schon 1951 und in Havanna 1984 Biennalen gegründet worden waren, beginnt nun, von Istanbul, Dakar und Johannesburg ausgehend, die große Zeit der "Biennalisierung", die mit den bisher größten Kunstausstellungen der Welt im südkoreanischen Gwangju 1995 und 1997 einen Höhepunkt erreicht. Die immer zahlreicheren Biennalen in allen Teilen der Welt sind der Motor einer Globalisierung auf dem Gebiet der Kunst, also eines weltweiten Austauschs zwischen Künstler:innen und Kurator:innen, ein Forum der Verhandlung von Konzepten, Ideen und Wertvorstellungen. Die Förderung internationaler Biennalen ist ein wichtiger Bestandteil des ifa und trägt maßgeblich zur Sichtbarkeit der künstlerischen Beiträge aus Deutschland bei. Über die Jahre nahm die Zahl der geförderten Ausstellungen stetig zu: von anfangs sechs auf mittlerweile bis über 70 jährlich. Unter den geförderten Ausstellungen des letzten Jahrzehnts fanden 118 in asiatischen Ländern und 43 in Südamerika statt, während auf dem afrikanischen Kontinent die Zahl erst in jüngerer Zeit auf nunmehr 30 gestiegen ist.
Breites Themen- und Medienspektrum
Gefördert wurden in den vergangenen Jahren unter anderem Beiträge zu den Biennalen von Taipeh, Havanna, São Paulo, Gwangju und der Manifesta ebenso wie größere Gruppenausstellungen, unter anderem "US and THEM" 2021 in der Kapana Gallery im bulgarischen Plovdiv oder "Post-Capital: Kunst und Ökonomie im digitalen Zeitalter" im Museum für zeitgenössische Kunst MUDAM in Luxemburg, vielleicht die größte und ambitiöseste Ausstellung, die dort bisher stattgefunden hat. In solchen Fällen kann ein Antrag für alle beteiligten Künstler:innen aus Deutschland gestellt werden. Vielfach sind es auch kleinere Projekte abseits der Biennalen und großen Museen, die unterstützt werden. Andrea Diefenbach etwa zeigte 2016 im Oregon Center for the Photographic Arts in Portland ihre beeindruckende Fotoserie "Land ohne Eltern", über Kinder, die in Moldawien ohne ihre Eltern aufwachsen, weil diese gezwungen sind, im Westen Europas Arbeit zu suchen. Stine Marie Jacobsen konnte in Beirut in Zusammenarbeit mit der wegweisenden Association Ashkal Alwan ihr Video "Direct Approach" vorstellen und einen Diskurs anregen, in dem sie Menschen, ausgehend von Filmszenen, nach ihren Gewalterfahrungen befragt. Das Thema stieß in dem von Bürgerkrieg und andauernden Spannungen geprägten Land auf großes Interesse. In Oslo zeigte die interdisziplinär arbeitende Künstlerin Bouchra Khalili ihr Projekt zu antikolonialen Bewegungen im globalen Süden und Norden.
Darstellung der seit 1982 vom ifa geförderten Ausstellungen
In der interaktiven Tabelle sind alle bisher geförderten Ausstellungen nach Ländern von 1982 bis 2021 dargestellt.