Chains of Interest

Mit Werken von Isaac Chong Wai, Carlfriedrich Claus, Lizza May David, Hannah Höch, Joe Jones, Wilhelm Klotzek, Käthe Kollwitz, Ofri Lapid, Adrien Missika, Elisa Tan, Endre Tót, Gitte Villesen

Ausstellungsdauer: 30. September 2022 – 22. Januar 2023
Eröffnung: 29. September, 19:00 Uhr

Pressetermin: Donnerstag, 29. September 2022, 11:00 Uhr
ifa-Galerie Berlin, Linienstraße 139/140, 10115 Berlin
Wir freuen uns auf Ihre Anmeldung unter: ifa-Galerie-Berlin(at)ifa.de

Die Ausstellung Chains of Interest setzt die persönlichen Auseinandersetzungen von Isaac Chong Wai, Lizza May David, Wilhelm Klotzek, Ofri Lapid, Adrien Missika und Gitte Villesen mit der Sammlung des ifa – Institut für Auslandsbeziehungen fort.

Seit Herbst 2021 untersuchen sie den Kunstbestand anhand ihrer eigenen künstlerischen Praxis. In der vorangehenden Ausstellung Spheres of Interest aktivierten und kontextuali-sierten sie die von ihnen ausgewählten Werke performativ und narrativ. Ihre Auswahl ermöglichte kritische und humorvolle Perspektiven auf die besondere Geschichte der Sammlung. Die Künstler:innen entdeckten und beschrieben Leerstellen, politische Verstrickungen und schufen zahlreiche neue Verbindungen zwischen den ausgewählten Kunstwerken.

Chains of Interest ist der zweite Teil der künstlerisch-kuratorischen Untersuchung, der die eingegangenen Beziehungen der Künstler:innen zum Kunstbestand des ifa vertieft. Sie treten mit eigenen, neu entwickelten Arbeiten in den Vordergrund. Dabei kommen verschiedene künstlerische Sprachen, Haltungen und Nachbarschaften zum Vorschein, die sich filmisch, akustisch, linguistisch und spielerisch äußern. In der Ausstellung verbindet sich ein Satz, ein Bild, ein Gedanke oder eine Handlung mit einer anderen und erzeugt eine mehrstimmige Partitur.

Ausgehend von der unbefüllten "Asien"-Grafikschublade im ifa-Depot in Stuttgart entschied Lizza May David, die Text-Bildarbeiten der chinesisch-philippinischen Künstlerin Elisa Tan in der Ausstellung zu präsentieren, um diese Leerstelle symbolisch zu überbrücken. Tans "containers for thought" zeigen imaginierte, tanzende Landschaften und gehen damit eine Verbindung zu den graphischen Sprachlandschaften von Carlfriedrich Claus ein, die sich gängigen Seh-, Schreib- und Lesegewohnheiten entziehen. Klangvolle mmmms überziehen die neue Malerei von Lizza May David, die von indigenen Gesängen und Mythen beiderseits des Pazifiks in Mexiko und den Philippinen inspiriert sind.

Sprache und Raum begegnen sich bei Wilhelm Klotzek im besonderen Maße auf den tragisch-komischen Bühnen des alltäglichen Lebens. Sein humoristischer Ansatz schafft eine spezifische lautmalerische Sprache, die er in verschiedene Richtungen dehnt und biegt. Künstlerisch verbindet ihn eine persönliche Nähe zu Carlfriedrich Claus, der in der DDR Teil der kritischen Avantgarde war. Anfang der 1990er Jahre stellte das ifa die Tourneeausstellung Denklandschaften zusammen, die sein Werk international bekannt machte. Klotzek wählt für die Ausstellung transparente Sprachblätter von Claus aus und stellt diese seinem Foto-Film DHM (Deutsches Historisches Museum) gegenüber. Die von ihm montierten Fotografien aus dem Archiv von Peter Woelck und Christine Klotzek spiegeln seine Kindheit in Berlin-Ost und das Heranwachsen in den Jahren nach dem Mauerfall wider. Sein Kommentar aus dem Off erzählt davon, wie Geschichte mittels Museumsexponaten, Gegenwartskunst und Träumen kurzgeschlossen wird.

Ausgangspunkt von Gitte Villesens neuem Film ist Hannah Höchs Collage Seidenschwanz. Ihre Erzählung folgt dem gleichnamigen Vogel in verschiedene Gärten und Zeiten. Gleichzeitig verbindet sie mit Strings and Berries Rollenverständnisse und Bezüge der beiden feministischen afro-amerikanischen Autorinnen Octavia Butler und bell hooks. Dabei spielt auch das Gartenhaus von Hannah Höch in Berlin-Heiligensee, in das sie zwei Wochen nach Ausbruch des Zweiten Weltkrieges gezogen war, eine wichtige Rolle. Höch nutzte den abgeschiedenen Ort, um Dokumente und Kunstwerke ihrer Freund:innen vor den Nationalsozialisten zu verstecken.

Ofri Lapid initiierte eine komplexe Übersetzungskette, die auf Joseph Kosuths lexikalischer Arbeit Titled (Kunst als Idee als Idee) basiert und den Tourneestationen der Ausstellung Kunstraum Deutschland seit 2000 folgt. Daraus entwickelte sie die gleichnamige polyphone Performance mit über 30 Sprecher:innen. Für Chains of Interest erarbeitet sie aus dieser nahezu babylonischen Sprachverwirrung eine neue Audioarbeit. Lapids Verfahren der "stillen Post", Kosuths Begriffe von einer Sprache in die nächste zu übersetzen – in Analogie zur Tourneeroute – führt zur Dekonstruktion der eigentlichen Definition der Begriffe "meaningless", "purple" und "volume". Die entstehenden Verfremdungseffekte schaffen eine kritische Distanz zu Kosuths schwarz/weißen Sprach-Bildern während sich zugleich die Sprachräume der über 30 Ausstellungsstationen akustisch nachempfinden lassen.

In ihrer Plastik Pietà stellt Käthe Kollwitz eine Mutter mit ihrem toten Sohn in schützender Geste dar. Berührt von diesem Selbstporträt Kollwitz beschäftigt sich Isaac Chong Wai mit der vierfach vergrößerten Kopie der Figur in der Neuen Wache in Berlin, die dort seit 1993 an die "Opfer von Krieg und Gewaltherrschaft" erinnert. Was bewirkt diese Vergrößerung? Wie verändert sich die Wahrnehmung der Skulptur, wenn sie Ausdruck einer staatlichen Trauer und des Gedenkens wird? Wai zeichnet mit seinem Atem die Skulptur nach. Dabei entsteht eine neue Installation mit einer Glasskulptur und Fotografie, die im Dialog mit Kollwitz Original (1937-1939) steht und der Fragilität des Lebens eine Form verleihen.

Adrien Missika gründete mit MOTUS ein mobiles zweirädriges Museum, das die von ihm ausgewählten Fluxus Werke im öffentlichen Raum sowohl präsentierte als auch aktivierte. Für die neue Ausstellung verbindet Missika Endre Tóts poetische Zeichnungsserie Very Special Drawings mit den mechanischen Musikinstrumenten von Joe Jones. Umgeben von minimalistischen Klängen und Zeichnungen der beiden Fluxus Künstler lädt er mit einem Silben-Würfelspiel aus gefundenen Marmorsteinen das Publikum ein zu interagieren. Einem Orakel gleich weisen die gewürfelten Wörter in die Zukunft.

Mit dem zweiteiligen Ausstellungsprojekt Spheres und Chains of Interest reflektieren die eingeladenen Künstler:innen die Sammlungspraxis des ifa und ermöglichen eine neue und öffentliche Auseinandersetzung mit dem deutsch-deutschen Kunstbestand.

Kuratiert von Inka Gressel & Susanne Weiß.

Pressekontakt:
Corinna Wolfien, Books Communication Art, +49(0)175 5676046, mail(at)corinnawolfien.com
Miriam Kahrmann, +49 (0)7112225 105, presse(at)ifa.de

Pressetermin:
Ein Pressetermin findet am Donnerstag, 29. September 2022 um 11:00 Uhr in der ifa-Galerie Berlin statt.
Um Anmeldung wird gebeten unter: ifa-galerie-berlin(at)ifa.de oder mail(at)corinnawolfien.com.

Pressebilder finden Sie im Pressebereich des ifa – Institut für Auslandsbeziehungen.

Ausstellung

Ausstellungsdauer: 30. September 2022 – 22. Januar 2023
Eröffnung: 29. September, 19:00 Uhr
19:30 Uhr: Einführung
Gitte Zschoch, Generalsekretärin ifa – Institut für Auslandsbeziehungen
Inka Gressel & Susanne Weiß, Kuratorinnen

Kuratorinnenführungen
Donnerstag, 6. Oktober, 10. November, 8. Dezember, 12. Januar 2023
18:00 Uhr auf Deutsch / 19:00 Uhr in English (Susanne Weiß)
Sonntag, 22. Januar 2023, 16:00 (Susanne Weiß & Inka Gressel)

Weitere Informationen zu den Veranstaltungen finden sich auf der Website der ifa-Galerie Berlin: untietotie.org

Save the date

Tagung zur Geschichte und Aktualität des ifa-Kunstbestandes
Spheres and Chains of Interest
Samstag 21. Januar & Sonntag 22. Januar 2023

Der ifa-Kunstbestand
Seit sechs Jahrzehnten vernetzt sich das ifa – Institut für Auslandsbeziehungen als deutsche Mittlerorganisation von Stuttgart aus mit der Welt – unter anderem in Form von Ausstellungen. Die dafür seit den 1970er Jahren angekauften Werke aus den Bereichen Kunst und Design aus dem 20. und 21 Jahrhundert bilden dabei den Grundstock. Die Geschichte des ifa-Kunstbestands ist eng mit dem Konzept der ifa-Tourneeausstellungen verbunden, bei der Kurator:innen monografische Ausstellungen entwickeln, die herausragende künstlerische Positionen aus Deutschland präsentieren, um damit international auf Tournee zu gehen. Sie werden in großen und kleinen Museen und Kultureinrichtungen präsentiert. Einen weiteren Schwerpunkt bilden gesellschaftspolitisch relevante Projekte, die zeitgenössische künstlerische Tendenzen vermitteln. Derzeit sind Exponate in 20 Ausstellungen zu sehen, zudem befindet sich ein weiterer Teil des Kunstbestands als Leihgaben in Museen.

ifa agora
Die ifa Agora ist die zentrale Plattform für das Netzwerk, die Sammlung und das Archiv des ifa – Institut für Auslandsbeziehungen im Bereich der Kunst. Sie fungiert als Ort des transkulturellen Austauschs – so wie die Agora im antiken Griechenland als wichtigster Versammlungs- und Marktplatz der Stadt angelegt war. Sie macht die Beziehungen des ifa sichtbar und führt sie online zusammen. www.agora.ifa.de

Out of the box
Seit 2020 laden die ifa-Galerien Berlin und Stuttgart internationale zeitgenössische Künstler:innen zu dialogischen Begegnungen mit einzelnen künstlerischen Positionen des ifa-Kunstbestandes ein. Out of the Box steht für diese Praxis der Neubetrachtung einzelner  Werke. Auftakt bildete die Ausstellung Time Goes By von Rebecca Horn und Antonio Paucar in der ifa-Galerie Berlin. 2021 folgten Eine natürliche Ordnung der Dinge mit Lothar Baumgarten und Gabriel Rossell Santillán in der ifa-Galerie Stuttgart und Aufzeichnungen einer Seherin in der ifa-Galerie Berlin, die Zeichnungen von Joseph Beuys in ein narratives Zusammenspiel mit Andrea Acosta, Anne Duk Hee Jordan und Sara Ouhaddou setzte.

Über das ifa
Das ifa – Institut für Auslandsbeziehungen setzt sich als Mittler und Akteur mit seinen Netzwerken, Projekten und seiner Forschung weltweit für die Freiheit in Kunst, Zivilgesellschaft und Wissenschaft ein. Es schafft analoge und digitale Räume für Begegnung, Austausch, Aushandlung und Ko-Kreation. Das ifa fördert den Kunst- und Kulturaustausch in Ausstellungs-, Dialog- und Konferenzprogrammen und agiert als Kompetenzzentrum der Auswärtigen Kultur- und Bildungspolitik. Es ist weltweit vernetzt und setzt auf langfristige, partnerschaftliche Zusammenarbeit. Das ifa wird gefördert vom Auswärtigen Amt, dem Land Baden-Württemberg und der Landeshauptstadt Stuttgart.

www.ifa.de

 

Kontakt und Öffnungszeiten ifa-Galerie Berlin
ifa-Galerie Berlin
Susanne Weiß und Inka Gressel 
Linienstraße 139/140
10115 Berlin 

ifa-Galerie-Berlin(at)ifa.de
www.untietotie.org
@ifagalleryberlin

Dienstag – Sonntag: 14:00 – 18:00 Uhr
Donnerstag: 14:00 – 20:00 Uhr 

Eintritt frei