Wichtige Unterstützung in Zeiten großer Unsicherheit: Künstlerin Katya Kononenko und das ifa-Mentoring-Programm Ukraine

Das ifa-Mentoring-Programm fördert 36 ukrainische Kunst- und Kulturschaffende, die seit dem russischen Angriffskrieg auf die Ukraine im Ausland, insbesondere in den östlichen Ländern Europas leben und arbeiten. Durch das Programm erhalten die geflüchteten Kunst- und Kulturschaffenden Unterstützung durch Mentor:innen. Mit dabei ist auch Katya Kononenko aus Kiew, die von Žana Jegorova aus Klaipeda (Litauen) unterstützt wird.

Katya Kononenko ist immer noch dabei, Ihre Existenz zu ordnen. In ihren Werken verarbeitet sie das Chaos, das der Kriegsbeginn am 24. Februar 2022 angerichtet hat, in "Kritzeleien". So heißt das neue Projekt der Künstlerin dann eben auch: Doodle-Malerei. Die abstrakten dunklen Linien überziehen die komplette Leinwand kreuz und quer und spiegeln die Wirren im Leben der Malerin und Zeichnerin wider, die ihre Heimatstadt Kiew vor eineinhalb Jahren Hals über Kopf verlassen musste.

Der Angriffskrieg Russlands auf die Ukraine war eine bittere Zäsur: sowohl für Katya Kononenko als auch für ihr Heimatland. Mehr als sechs Millionen Menschen haben seit 2022 die Ukraine verlassen, um sich vor dem Einmarsch russischer Truppen und dem Beschuss russischer Raketen in Sicherheit zu bringen. 

Unterstützung erhält die Malerin nun durch das ifa-Mentoring-Programm. Geflüchtete ukrainische Künstler:innen werden mit Mentor:innen aus der Kulturszene zusammengebracht und von ihnen im persönlichen und beruflichen Entwicklungsprozess unterstützt. Ein besonderer Fokus liegt dabei auf Frauen und Vertreter:innen der LGBTIQ-Community. "Ich bin dankbar für die Gelegenheit, die das Programm bietet, und habe eine hilfsbereite und engagierte Mentorin gefunden", sagt Kononenko. 

Eine Doodle-Zeichnung von Katya Kononenko Bild: Katya Kononenko

Ein schwieriger Neuanfang in Litauen

Wie viele ihrer Landsleute lebt Katya Kononenko derzeit im europäischen Ausland. Ihr war es wichtig, in der Nähe ihrer Heimat zu bleiben. Ihre Wahl fiel auf Litauen, was auch mit der gemeinsamen Geschichte beider Länder zu tun hat. "Litauen und die Ukraine teilen die schmerzhafte Erfahrung, zur Sowjetunion gehört zu haben", sagt Kononenko. "Das ist eine Parallele, die uns verbindet." Sie erlebe in Litauen eine große Gastfreundschaft.

Dennoch bleibt etwas Trennendes: die Sprache. Obwohl sich Katya Kononenko gut mit Englisch behelfen kann, lernt sie Litauisch. "Ich habe bereits zwei Sprachkurse absolviert und inzwischen solide Grundkenntnisse." Eine größere Herausforderung war jedoch, mit der plötzlichen Flucht und der Entwurzelung zurechtzukommen. "Ich kannte so gut wie niemanden in Litauen und musste ganz von vorne anfangen."

Auftakttreffen für alle Mentoring-Paare in Budapest

Bei vielen Fragen kann das neue Mentoring-Netzwerk helfen - man teilt Erfahrungswerte und Fragen.

Die Litauerin Žana Jegorova unterstützt die ukrainische Künstlerin seit zwei Monaten als Mentorin. Als stellvertretende Direktorin des Kulturzentrums der litauischen Ostseestadt Klaipeda kann sie auf ein großes Netzwerk zurückgreifen und es mit ihrem Mentee teilen. "Ich helfe Katya bei Kontakten zu Ateliers, Galerien und Ausstellungsveranstaltern. Wenn Katya eine Idee hat, versuche ich sie bei der Umsetzung zu unterstützen."

Den Auftakt für die Zusammenarbeit bildete ein Einführungsseminar im September 2023 in Budapest. Insgesamt nehmen 66 Teilnehmer:innen an dem Programm teil. Auch Katya und Žana sind sich hier zum ersten Mal begegnet.

Žana erinnert sich an eine inspirierende Arbeitsatmosphäre mit Workshops und Impulsvorträgen. "Wir haben bei dem Treffen einen professionellen Plan entwickelt, wie Katya auch in Litauen erfolgreich als Künstlerin arbeiten kann." Damit möchte Katya Kononenko an Erfolge anknüpfen, die sie bereits in ihrer Heimat Ukraine, aber auch in anderen Ländern, feiern konnte. Neben Ausstellungen in Deutschland und Spanien wurden ihre Bilder in diesem Jahr auch in Lettland gezeigt.

Das Interesse scheint nicht gering zu sein an einer Künstlerin, die in ihrem Werk auch Aspekte einer neuen nationalen Identifikation verhandelt und Stilmittel aus der ukrainischen Folklore nutzt. "Ich entwickle beispielsweise Ornamente weiter, die ich von Hausfassaden meiner Heimat kenne."

Katya Kononenko sieht das Mentoring-Programm für sich als Chance. Es sei eine Gelegenheit, sich im Exil künstlerisch weiterzuentwickeln, aber das Schicksal ihrer Heimat dabei nicht aus dem Blick zu verlieren. Und auch ihre Mentorin Žana erkennt die Potenziale des Projektes: "Ich hatte in meinem Entwicklungsprozess auch schon mal Hilfe durch einen Mentor und weiß, dass aus der vertraulichen und vertrauten Zusammenarbeit viel Positives entstehen kann", sagt Žana Jegorova.

In einer Kleingruppe tauschen sich Katya Kononenko (ganz links) und andere Teilnehmer:innen beim Einführungsseminar in Budapest aus und vernetzen sich. Foto: ifa

Kunst als Weg, Krieg und Flucht zu verarbeiten

Inzwischen konnte Katya Kononenko ihre Werke auch einem erlesenen Publikum in Litauen präsentieren, zum Beispiel in Kaunas unter dem Titel "Leidenschaft fürs Leben oder Angst vor dem Tod." In Druskininkai firmierte eine Werkschau unter dem Bekenntnis "Ich bin ein Flüchtling". Titel wie diese zeigen die existenziellen Fragen auf, mit der die Künstlerin sich seit ihrer Flucht befasst. "Viele Bilder, die ich 2022 gemalt habe, tragen keinen Titel, weil mir durch den Schock des Krieges die Worte fehlten."

Mit ihren Doodle-Zeichnungen verarbeitet Katya Kononenko auch die schwierige Situation seit Ausbruch des Krieges.

Der plötzlich einsetzende Unruhezustand sei natürlich auch in den Werken angelegt, so die Künstlerin, die kein klassisches Kunststudium absolviert hat. "Ich habe durch ein Psychologie-Studium zur Malerei gefunden, als ich mich mit kunsttherapeutischen Methoden beschäftigt habe. So oder so, künstlerisch tätig zu sein ist weniger eine Frage der Ausbildung, sondern eher eine des Mindsets."

Wie lange Žana Jegorova ihren Mentee noch unterstützen wird, ist abhängig vom Fortgang des Krieges. "Während ich Pläne für die nächsten zwei, drei Jahre machen kann, fällt es Katya schwer, sich langfristige Ziele zu stecken. Sie möchte – verständlicherweise – in ihre Heimat zurückkehren, wenn der Krieg beendet ist."

Katya Kononenko möchte mit ihrer Mentorin auch über die Zeit des Mentoring-Programms hinaus in Kontakt bleiben: "Natürlich ist mein Platz derzeit in Litauen, aber sobald der Konflikt mit Russland beendet ist, möchte ich zurück nach Kiew. Sicherlich lässt mich die Erfahrung, die ich während meines Aufenthalts in Litauen mache, reifen. In jedem Fall bin ich dankbar, hier als Geflüchtete leben zu dürfen und so engagiert von Žana unterstützt zu werden."

Das ifa-Mentoring Programm

Über den Autor
Holger Lühmann

Holger Lühmann hat als ifa-Redakteur 2012 bis 2013 im Medienhaus der Deutschen Minderheit in Oppeln (Polen) gearbeitet. Seit seiner Rückkehr arbeitet er für verschiedene Fernseh- und Hörfunkprogramme der ARD und ist nebenbei immer wieder für Projekte des ifa tätig.