Jugendliche bemalen eine Treppe

Deutscher Humanitärer Verein St. Gerhard

Sombor / Сомбор (Serbien): Aktiv im Dreiländereck

Im Dreiländereck zwischen Ungarn, Kroatien und Serbien liegt in der Vielvölkerregion Vojvodina die serbische Gemeinde Sombor. Unter den etwa 90.000 Einwohnerinnen und Einwohnern der Stadt und ihrer Umgebung leben 22 Minderheiten. Dazu zählen auch die Deutschen, deren Deutscher Humanitärer Verein "St. Gerhard"  (in der Landessprache: Humanitarno udruženje Nemaca "Gerhard") zu einem multikulturellen Miteinander beiträgt.

Bei der letzten Volkszählung 2011 bekannten sich in Serbien über 4.000 Personen zur deutschen Minderheit. Mittlerweile sind etwa 800 von ihnen Mitglied im Verein St. Gerhard, der 1999 zunächst als informelle Gruppe gegründet wurde und seit 2003 offiziell eingetragen ist. Nur zwei Jahre später begann die Kooperation mit dem ifa.

Nachhaltigkeit ist Priorität

Seit 2005 hat sich viel getan im Verein. Anfangs arbeiteten die ifa-Entsandten mit einer Praktikantin oder einem Praktikanten zusammen. Im Jahr 2009 bezog St. Gerhard eigene Räume, in denen derzeit zwei feste Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, zwei Praktikantinnen und Praktikanten und eine ifa-Kulturmanagerin arbeiten.

Ohne ehrenamtliches Engagement wäre in Sombor auch heute eine nachhaltige Kulturarbeit kaum möglich. Sara Delinger, von 2014 bis 2019 ifa-Kulturmanagerin bei St. Gerhard, professionalisierte das Ehrenamtsmanagement, so dass heute eine feste Gruppe aus Freiwilligen den Verein bei Veranstaltungen und Projekten unterstützt. Seit 2019 arbeitet Laura Braun als ifa-Entsandte an der Stärkung dieser Strukturen, der Erweiterung des Bildungsangebots und der Organisation des hauseigenen Jugendtreffs "Offene Zone" (Otvorena Zona).

Als einer der aktivsten Vereine der Vojvodina ist St. Gerhard mit Jugendarbeit, Sprachkursen und Geschichtsvermittlung heute ein Knotenpunkt zivilgesellschaftlicher Vernetzung. Gabriela Bogišić blickt als Geschäftsführerin auf die vielen positiven Veränderungen der letzten Jahre zurück: "Vor 25 Jahren gab es in Serbien nur einen Verein der deutschen Minderheit, heute gibt es 18. Es gab keine Gedenkstätten, heute gibt es 15. Zudem gibt es heute sowohl Radio- als auch Fernsehsendungen in deutscher Sprache."

Aktive Mitgestaltung

Gerade wird in Sombor ein Museum der Donauschwaben eröffnet, das die Aufarbeitung der donauschwäbischen Geschichte einer breiteren Öffentlichkeit zugänglich machen soll. Außerdem hat die deutsche Minderheit in Serbien mit dem Deutschen Nationalrat seit 2008 einen legitimen Vertreter. Obwohl sie zu den kleineren Volksgruppen gehört und unter finanziellen Kürzungen leidet, bringt sich die deutsche Minderheit in Serbien äußerst aktiv ein.

Die interaktive Stadtführung "Ganz Ohr", die 2019 in einem generationenübergreifenden Workshop in Zusammenarbeit mit dem ifa entwickelt wurde, ist Gabriela Bogišićs aktuelles Highlight: "Dieses Projekt umfasst alle unsere Zielgruppen: die ältere Generation, die über Sehenswürdigkeiten und wichtige Orte der Donauschwaben berichtet– und Jugendliche, die die Materialien bearbeitet und als Audio Guide aufgenommen haben." Der audiovisuelle, deutschsprachige Stadtrundgang ist auf den Seiten des Vereins St. Gerhard verfügbar.

Die Mitglieder des Vereins wollen vorwiegend mit kleineren Projekten unter anderem in der Bildung und Jugendarbeit eine große Bandbreite an Aktivitäten abdecken und sich an eine breite Zielgruppe richten. "Wir werden unter der Minderheit mehr geschätzt, wenn wir zu einer allgemeinen Stärkung der Gesellschaft beitragen," erklärt Gabriela Bogišić.

Der Text entstand 2019 im Rahmen des 25-jährigen Jubiläums des Entsendeprogramms.


Über das Entsendeprogramm

Das Entsendeprogramm bietet Arbeitsaufenthalte in Organisationen deutscher Minderheiten im östlichen Europa oder in einem Staat der Gemeinschaft Unabhängiger Staaten (GUS). Die Entsandten arbeiten als Kulturmanagerinnen und -manager oder Redakteurinnen und Redakteure in ausgewählten Projekten und unterstützen die Einrichtungen mit ihrem Knowhow.

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