Menschen sitzen gemeinsam an einem Tisch mit Notizen auf Zetteln und tauschen Ideen aus.

Im Fokus: Demokratie stärken

In Polen und Ungarn arbeiten deutsche Minderheiten daran, ihr Engagement für Demokratie noch wirksamer zu machen.

Autoritäre Bewegungen, Radikalisierung, weltpolitische Krisen: Die Demokratie steht weltweit auf dem Prüfstand. Gerade Minderheiten spüren solche Veränderungen in einer Gesellschaft besonders deutlich – und können früh zu einem Gegenpol werden. Gemeinsam mit dem ifa diskutierten Vertreter:innen der deutschen Minderheiten im östlichen Europa und Zentralasien Wege und Ideen, das Engagement für Demokratie in ihrem Arbeitsalltag zu stärken.

Wie können Minderheiten dazu beitragen, Demokratien zu stärken? In vielen Ländern steht die Demokratie gerade auf dem Prüfstand: Das Vertrauen in ihre Strukturen sinkt, die Zustimmung für autoritäre Stimmen und Perspektiven nimmt gerade in Krisenzeiten, in denen sich unsere Gesellschaften befinden, zu. Populismus und Radikalisierung machen Druck. Auch in den Ländern des östlichen Europa und in Zentralasien wird das zur Herausforderung: In Ungarn werden Kunst, Kultur und Presse zunehmend kontrolliert. Große Institutionen, zum Beispiel die wichtigsten staatlichen Museen, werden durch die Regierung von Viktor Orbán immer stärker zentralisiert. In Rumänien sicherte sich der rechtsextreme Kandidat Calin Georgescu im ersten Wahlgang zur Präsidentschaftswahl 2024 einen Überraschungserfolg. 

Gerade für Minderheiten werden solche Tendenzen oft besonders deutlich spürbar. In Polen wurde der Deutschunterricht für die deutsche Minderheit unter der Vorgängerregierung der rechtskonservativen PiS seit 2022 von drei auf eine Wochenstunde gekürzt. Als Seismografen einer Gesellschaft können deutsche Minderheiten ein früher Indikator dafür sein, in welche Richtung ein Land sich verändert – und dafür, wie man diesen Entwicklungen effektiv gegenwirken kann. Doch wie können sie in ihrer Funktion als kulturelle Brückenbauer:innen zur Mehrheitsgesellschaft dazu beitragen, die Demokratie zu stärken? 

Wie kann Demokratie in den Fokus zivilgesellschaftlicher Arbeit rücken?

Vor diesem Hintergrund trafen sich nun ifa-Kulturmanager:innen, ifa-Redakteur:innen sowie Vertreter:innen der deutschen Minderheiten zu zwei Netzwerkveranstaltungen. Ihr gemeinsames Anliegen: Wie können wir die Stärkung der Demokratie bei unserer Arbeit in den Fokus rücken? Bei den länderübergreifenden Treffen des ifa-Entsendeprogramms in Ungarn und Polen wurden Wege und Herausforderungen erkundet, das Engagement auszubauen. 

Dabei wurde diskutiert, wie demokratische Strukturen vor Ort gestärkt werden können: Wie kann jungen Menschen eine Stimme gegeben werden, damit sie sich für die Demokratie engagieren? Wie kann Demokratie im Arbeitsalltag gefördert werden?

Mehrere Menschen beugen sich über einen Tisch und diskutieren miteinander.
Regionalwochen des Entsendeprogramms in Allenstein (Polen)

Zusammenarbeit in multiethnischen Regionen

Eine Frau spricht mit zwei Menschen an einem Tisch
Barbara Stoklossa-Braems bei den Regionalwochen in Allenstein (Polen).

Bei der ifa-Netzwerkveranstaltung im polnischen Allenstein/Olsztyn stand dabei die Zusammenarbeit unterschiedlicher Minderheiten und Organisationen im Zentrum – und das an einem besonderen Ort: "Durch die direkte Grenznähe zu Russland und Belarus sowie die Multiethnizität der Region, die durch Flucht, Vertreibung und Grenzverschiebungen entstanden ist, wurde im Austausch deutlich, wie relevant die ständige Arbeit am Erhalt der Demokratie ist", fasst ifa-Regionalkoordinatorin Barbara Stoklossa-Braems zusammen. "Unsere Netzwerkveranstaltung hat gezeigt, wie viele der lokalen Organisationen an diesem Thema arbeiten – und wie aktuell es ist." Wie relevant dieses Engagement und der länderübergreifende Dialog ist, unterstreicht auch Generalkonsulin Cornelia Pieper, die neben anderen Vertreter:innen der Auslandsvertretungen an den Netzwerktreffen teilnimmt. 

Junge Menschen brauchen eine starke Stimme für Demokratie

In interaktiven Formaten wurden Wege für mehr Demokratie im Arbeitsalltag erarbeitet. Dieser gemeinsame Fokus zeigt Wirkung: Bereits direkt nach dem Netzwerktreffen kam es zu weiteren Gesprächen und Ideen für Kooperationen: "Die Stiftung 'Zwei Flügel für die Ukraine' möchte zum Beispiel gerne mit der deutschen Minderheit in Allenstein und dem ifa zusammenarbeiten", so Stoklossa-Braems. “Die Jugendlichen der deutschen Minderheit in Allenstein möchten sich außerdem mit dem Jugendgremium der Woiwodschaft treffen, um partizipative Ansätze für junge Erwachsene bei politischen Entscheidungen in der Region zu entwickeln.”

Auch in Ungarn rückten junge Menschen in den Fokus, wenn es um die Frage geht, wie demokratisches Engagement zukunftsfähig gefördert werden kann. Bei der ifa-Netzwerkveranstaltung in Fünfkirchen/Pécs kamen ebenfalls Vertreter:innen verschiedener Vereine und deutscher Minderheitenorganisationen zusammen. "Die Jugend spielt eine wichtige Rolle, um die Demokratie in Ungarn zu stärken", fand zum Beispiel Gábor Werner, Geschäftsführer des Vereins für ungarndeutsche Kinder. "Die Frage ist, wie sie so an das Thema herangeführt werden kann, dass sie es für wichtig halten, ihre Meinung zu äußern und für Demokratie einzustehen."

Ein Mann und eine Frau reden miteinander
Gábor Werner bei den Regionalwochen in Pécs (Ungarn)

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